Projektdetails

Die Hagia Sophia Justinians

Mathematischer Raum als Bühne des Kaisers

Byzanz: Pracht und Alltag
Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle vom 26. Februar bis 13. Juni 2010


Gefördert von der Gerda-Henkel-Stiftung
Link zum Film

Kontakt:
Helge Svenshon

Die Hagia Sophia in Konstantinopel im 6. Jahrhundert nach Christus unter Kaiser Justinian errichtet, gilt als eines der herausragenden Beispiele der Weltarchitektur. Sie kann nicht zuletzt als Verkörperung der byzantinischen Reichsidee gesehen werden und ist damit eines der wichtigen Schlüsselwerke für das Verständnis des Phänomens Byzanz. Auf den ersten Blick präsentiert sie sich weitgehend losgelöst von den Traditionen der klassischen, griechisch-römischen Welt und wird überwiegend als ein Bauwerk wahrgenommen, das schon der mittelalterlichen Welt angehört. Mit ihren einzigartigen architektonischen Formen und gewagten Gewölbekonstruktionen entzieht sich jedoch einem unmittelbaren Verständnis: Wie bereits gleich nach ihrer Vollendung fasziniert den Besucher noch heute die scheinbare Schwerelosigkeit ihrer weit gespannten Gewölbe, die den riesigen Innenraum wie schwebend überdecken, während die dahinter stehende massive Konstruktion offenbar absichtlich der unmittelbaren Wahrnehmung entzogen ist.

In einem am Fachgebiet Klassische Archäologie der TU Darmstadt durchgeführten interdisziplinären Projekt wurde versucht, die grundlegenden architektonischen Ideen dieses komplexen Bauwerks, seine ursprüngliche liturgische Nutzung durch Kirche und Kaiser sowie das Konzept der vielgepriesenen aber bisher nicht ausreichend analysierten Lichtführung zu erforschen.

Wie sich zeigte, kann die geometrische Gestalt des Baues auf mathematische Grundlagen der antiken Vermessungslehre zurückgeführt werden, die in den Schriften des Heron von Alexandria – als viel benutzte Handbücher für Architekten und Ingenieure – überliefert sind. In diesen ‚manuals’ sind die theoretischen und praktischen Voraussetzungen dokumentiert, die notwendig waren, um den Entwurf eines Bauwerks fachgerecht umsetzen zu können. Grundlage hierfür war eine Tradition des Rechnens mit rationalen Zahlen, die von der Kultur Babylons nahezu lückenlos bis in die geometrischen Traktate der Neuzeit überliefert ist. Eine Besonderheit dieses Wissens besteht darin, zahlenmäßig nicht erfassbare geometrische Figuren und Körper, wie beispielsweise Kreis und Quadrat, durch die Verwendung ausgeklügelter Näherungswerte überhaupt erst rechnerisch in den Griff zu bekommen, um sie mit Maßen beschreiben und damit zugleich in der baulichen Praxis einsetzen zu können.

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützte eine Visualisierung dieser Forschungsergebnisse in Form einer filmischen Medien-Installation für die Ausstellung „Byzanz – Pracht und Alltag“, die in der Bundeskunsthalle, Bonn vom 26. Februar bis 13. Juni 2010 zu sehen war.